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Perfektionismus? Als Antrieb gerne, aber bitte nicht als Bremse!

Katharina Clasen
5 min
May 01, 2018

Falls ihr diese Zeilen jetzt lest, dann habe ich es nach Monaten irgendwie geschafft, meine "neue" Website mit Blog fertig und online zu stellen. An der Stelle: Gratulation an mich.

Lasst es mich gleich vorwegnehmen: Auch wenn das jetzt so klingt, als wäre der Blog ein immenser Aufwand gewesen – der Blog war gar nicht mal das Problem. Wenn ihr euch hier so umschaut, werdet ihr auch direkt merken, dass ich es beim absoluten Minimum belassen habe. Ich kenne mich inzwischen ja auch ziemlich gut und weiß, dass ich zu "Overkill-Maßnahmen" neige. Also habe ich mir direkt gesagt: "Wenn du jetzt das Thema Blog endlich angehst, dann musst du dich unbedingt zusammenreißen und dich auf das minimal notwendige fokussieren."

Wie gesagt, das hat beim Blog auch echt super funktioniert. Innerlich habe ich also schon kleine Freudentänze gemacht: Die Perfektionistin hat es geschafft, rasend schnell einen simplen Blog zu programmieren und sich damit (relativ) wohl zu fühlen. Aber zu früh gefreut.

Der Abrutsch in's Redesign

Gepusht von dem Erfolgserlebnis dachte ich mir: "Jetzt tweakst du hier und da noch 2-3 Kleinigkeiten an der restlichen Website und schwupps, hast du auch noch eine geile neue Website online."

Und so begann die Katastrophe: Vielleicht könntest du das Styling noch zentraler und noch logischer steuern? Vielleicht solltest du auch die Bezeichungen der Klassen optimieren? Und wäre es nicht auch gut, wenn du die Vorschau der Projekte und Blogposts in Snippets auslagerst? Weil das so super flutscht und das Programmieren grad so Laune macht, dann optimiere doch einfach direkt alle Seiten. Und sollte nicht auch das Logo endlich mal angegangen werden? Die ganzen Bilder auf der Website sind irgendwie auch nicht das Gelbe vom Ei. Und was ist eigentlich mit den Texten?

3 Monate und 25 Versionen der Webiste später (vor allem wegen der Texte, die hatten es echt in sich), bin ich nun wieder bei meinem Ausgangsmantra angekommen:

"Perfekt" ist nur eine Illusion, die dich davon abhält, überhaupt etwas zu tun.

Die Sache mit dem Perfektionismus

Im ersten Moment mag Perfektionismus super klingen. Der Perfektionist gibt sich ja immerhin nicht mit einem "nur guten" Ergebnis zufrieden, sondern strebt immer nach Perfektion. Und da liegt irgendwie auch schon das Problem: Perfektion gibt es nicht. Perfektion ist super subjektiv. Perfektion ist irgendwie ja auch Definitionssache. Auch deswegen endet dieses Streben dann oft in Unzufriedenheit. Vielleicht führt es sogar dazu, es gar nicht erst zu versuchen. Immerhin ist man ja eh nie zufrieden – also kann man es doch auch gleich bleiben lassen. Oder man versucht es sogar mal, ist nicht zufrieden und wirft dann alles in die Tonne. Wie man es auch dreht und wendet: So wirklich gut tut der Perfektionismus nicht, oder?

Aber was steckt eigentlich hinter dem Perfektionismus?

Ich vermute, dass eine gewisse Portion Unsicherheit hinter unserem Perfektionismus steckt. Und wahrscheinlich ist das auch der eigentliche Grund, warum das mit dem Perfektionismus nicht funktioniert. Das Ergebnis wird förmlich als Maßstab für den eigenen Wert genutzt. Ist das Ergebnis gut, dann bin ich gut. Das ist eher ungünstig und ein ziemlich fragiles Gerüst. Nicht zuletzt auch, weil jeder zu der Qualität eines Ergebnisses eine andere Meinung hat. So wird das eigene Wertempfinden plötzlich stark angreifbar und von äußeren Meinungen abhängig. Und auch man selbst kann ein Ergebnis an einem Tag gut und am nächsten Tag schlecht finden. Ganz abhängig von den neuen Erfahrungen und Eindrücken.

Perfektionismus als Antrieb

Dennoch: So ganz möchte ich meinen Perfektionismus auch nicht los lassen. Er hat mich dazu gebracht, eine ganze Menge aus mir heraus zu kitzeln. Vor allem hat er mich auch oft angetrieben, Dinge überhaupt zu tun. Ich möchte ihn deswegen gerne weiterhin als meinen kleinen Motor bei mir haben, aber er soll mich nicht bremsen und vor allem soll er nicht im Vordergrund stehen. Der Wunsch nach einem perfekten Ergebnis soll nicht der Antrieb sein. Denn letztendlich ist das Ergebnis nicht das, was wichtig ist. Das Ergebnis ist nicht das, was uns glücklich macht.

Wir sollten versuchen, das Glück auf dem Weg zum Ergebnis zu finden und es nicht an das Ergebnis selbst zu binden.

Freude am Prozess

Ist euch mal aufgefallen, wie oft man Dinge vor sich herschiebt, weil man vermeintlich keinen Bock hat, die Wohnung zu putzen, den Blogpost zu schreiben oder ins Fitnessstudio zu gehen. Und wenn man dann mitten beim putzen, schreiben oder trainieren ist, dann ist es eigentlich gar nicht so schlimm. Irgendwie macht es sogar richtig Laune! Vielleicht ist das eigentliche Problem also gar nicht die Sache selbst, sondern die Einstellung, mit der man an die Sache ran geht. Eventuell auch, wegen der perfektionistischen Erwartungen. Mein persönliches Erfolgsrezept lautet hier: Auf die Herausforderung und die Lernmöglichkeiten freuen, den Moment der Überwindung möglichst schnell hinter sich bringen (wie dieses metaphorische Pflaster, das man schnell abreist) und dann den Prozess zu genießen.

Auch wenn das Ergebnis der Website-Überarbeitungen meinen perfektionistischen Standards nicht zu 100% entspricht, hatte ich dennoch eine ganze Menge Spaß beim Redesign, habe viel neues gelernt und neue Erfahrungen gemacht. Und das ist es doch, was zählt.

In diesem Sinne: Lasst euch von eurem Perfektionismus nicht bremsen sondern genießt den Prozess!

Haut rein!